Spannende Biographie der mutigen und sozial engagierten Gründerin des
Albert-Schweitzer-Haus, die den Nazis trotzte, und mit dem Entschädigungs-
Geld nach dem Krieg das Haus kaufte, anhand ihrer Dokumente und Notizen
Sie hieß Emma Schubmehl, geboren am 26.01.1895 in Ottweiler.
1914 bis 1927 war sie als Krankenschwester in Feldlazarette an verschiedene
Standorte für Kriegsverwundete und Versehrte des ersten Weltkrieges tätig,
und in der Fürsorge für Kriegsbeschädigte und Gefährdete.
Später, von 1927 bis 1934, arbeitete sie bei der Kriminalpolizei Köln als Sekretärin.
Sie blieb unverheiratet, und lebte in dieser Zeit u.a. in Köln-Zollstock.
1935 wurde sie, wegen engagierter Kritik am Nationalsozialismus und mutiger
Auflehnung gegen Fälle von Ungerechtigkeit, unter dem Vorwand "geistiger
Schwäche" zwangspensioniert,
Sie legte Einspruch dagegen und wurde daraufhin 1937 in die Psychiatrie eingewiesen
und erst nach 6 Wochen entlassen.
1938 wurde sie zwar wieder im polizeilischen Dienst eingestellt, aber statt nach Köln
zurück strafversetzt nach Halle /Saale. Sie sollte sich dort einer "nationalsozialistischen
Umerziehungsmaßnahme" unterziehen.
Aufgrund ihres tapferen Widerstandes kam es erneut zu politischen Differenzen.
Anfang 1939 sollte sie deswegen zum 2. Mal von dem Nazi-Regime zur Beugung
in die Psychiatrie (Nervenklinik Leipzig) eingewiesen werden, auf unbefristete Zeit.
Sie konnte sich der Unterbringung in der Psychiatrie durch Flucht entziehen und fand
Unterschlupf bei Freunden, bei der Familie Kieling, mit der sie Zeit ihres Lebens
befreundet blieb (u.a. über die "Wandervogel").
3 Monate später, im März 1939, wurde ihr aus der Zuständigkeit der Nazi-Behörden
heraus geholfen, dadurch, dass der damalige Polizeipräsident und Regierungsrat
aus Köln, sowie ein Polizeiarzt, sie beide kurzerhand erneut wegen Krank sein,
mit 44 Jahren, als frühpensioniert und aus dem Dienst entlassen erklärten.
Sie beantragte allerdings im September 1939 erneut die Wiedereingleiderung in
dem polizeilischen Dienst, was wieder abgelehnt wurde, worauf ihr "vorzeitiger
Ruhestand wegen Krankheit" bestätigt wurde.
1940 bis 1942 konnte sie in der Jugend- und Fürsorge-Hilfe tätig zu sein.
1941 erlebte Emma Schubmehl in ihrer Kölner Wohnung eine Hausdurchsuchung
und anschliessende Verhaftung durch die Gestapo (Geheime Staats Polizei, das
gefürchtete Instrument der Nazi-Regierung zur Verfolgung ihr verdächtiger Bürger).
Begründung dafür war der Vorwurf der Zersetzung der nationalen Ordnung.
Zum Glück intervenierten eine Reihe von Gestapo Beamten zu ihren Gunsten,
darunter ein ehemaliger Kriminalkommissar.
Sie kam dadurch später zur der Auffassung, dass ihre Retter heimliche Gegner
des Nazi-Regimes waren: Dies schloß auch eine Sekretärin im Ruhestand,
die sie ab dieser Zeit im Namen des Regime bespitzeln und beaufsichtigen sollte.
Von 1942 bis 1945 arbeitete sie als Sachverständige beim Kriegschäden-Amt der
Stadt Köln, mit der Aufgabe der Bearbeitung der Kriegsschäden der Beamten der
Kriminalpolizei.
Sie schrieb später, dass sie während der Gespräche mit den einzelnen Beamten deren
wahre politischen Einstellung (überzeugte Nazis oder nur bloße Parteibbuchmitglieder
aus Pflicht als Beamte) bewusst wurde, und dass sie den amerikanischen und
englischen Besatzungsmächten nach dem Krieg mit diesen Informationen (zwecks
Entnazifizierung) behilflich werden konnte.
Im Mai 1944 wurde ein verhaftetes Mitglied von Emma Schubmehls Kölner
Widerstandsgruppe vom Berliner Justizministerium zu Tode verurteilt.
Emma Schubmehl setzte sich ein, indem sie ein schriftliches Gnadengesuch bei
der Privatkanzlei Hitlers einreichte. Die Hinrichtung wurde daraufhin aufgeschoben,
und die von ihr angestrebte psychiatrische Untersuchung wurde tatsächlich erreicht,
dank eines günstigen ärtzlichen Gutachtens.
Daraufhin wurde am 20 juli 1944 die Begnadigung des verurteilten Freundes
erreicht. Sie wurde leider wieder zunichte gemachte durch eine allgemeine Anordnung
von Heinrich Himmler (der zweitmächtigste Mann im Amt nach Hitler, Reichsinnen-
Minister, Verantwortlicher für alle KZ, Befehlshaber der SS und der Gestapo), dass alle
Verurteilte unverzüglich hinzurichten seien, um, in den Wirren des Kriegsende, die
Gefängnisse zu leeren. Dadurch kam es, dass der Freund von Emma Schubmehl
tragischerweise trotz erreichter Begnadigung doch hingerichtet wurde.
Die Gestapo-Abteilung, die mit der Hinrichtung von Schneider befasst gewesen war,
erliess anschliessend die Verfügung, dass Emma Schubmehl, die sich, was sie als
Beamtin nicht durfte, für einen vom Nazi-Regime zu Tode verurteilten eingesetzt hatte,
nun ebenfalls der Prozeß gemacht werde.
Ihr Leben wurde durch 2 der 3 ihr wohlgesonnenen Kölner Gestapo-Beamte gerettet,
denen ausgerechnet die sie betreffende Verfügung in die Hände fiel. Sie schrieben
dem Absender der Verfügung zurück, der Fall sei erledigt und bereinigt. Ihr sollte
nämlich laut Verfügung des Absenders der sie betreffenden Verfügung dasselbe
Schicksal ereilen, wie dem hingerichteten Freund aus ihrer Kölner Widerstandsgruppe.
Kurz vor Ende des Krieges musste sie aus ihrer Kölner Wohnung heraus, da
diese ausgebombt worden war. Sie wurde kurzerhand in die Dachgeschoss-
Wohnung des Hauses (damals) "Beethovenstrasse 16", Bad Godesberg,
einquartiert. Es ist die Adresse des heutigen Albert-Schweitzer-Hauses,
Beethovenalle 16 ). Eine innere Stimme sagte ihr damals: "Hier wirst du bleiben".
Emma Schubmehl erhielt später wegen ihrer Einsatzes zugunsten anderer und
ihrem Mut den Naziregime gegenüber den Bundesverdienstkreuz der BRD.
Als ehemalige Beamtin erhielt sie auch nach Ende des Krieges eine finanzielle
Entschädigung durch die Bundesrepublik Deutschland, aufgrund der
Ungerechtigkeiten, die ihr durch das Nazi-Regime widerfahren waren
(Einweisung in die Psychiatrie, zeitweise gekündigte Arbeitselle, in die Flucht
vor erneuter Einweisung in die Psychiatrie getrieben, Zwangsverrentung,
Schikanen, Drohungen. Verhaftung, etc.). Mit dieser Summe kaufte sie von der
Kölner Erbengemeinschaft Guillaume das ganze Haus ab, in dem sie bislang
nur unter dem Dach zu Miete wohnte.
Sie errichtete darin - ganz bewusst ihrer beruflichen Laufbahn und ethischen
Einstellung entsprechend - zunächst den Kinderschutzbund, ein Heim für
gefährdete Kinder.
Nach den Kriegs und Hungerjahren orientierte sie sich bewusst auf Ziele der
Fürsorge, Pflege, Gesundtheit, und Gefährdetenhilfe.
U.a, waren die gesundheitlichen Vorgaben des Pfarrers Sebastian Kneipp
Leitlinien für ihr Engagement. Als sich gestaltende Institution wurde das Haus
Mitglied des Kneipp-Vereins und Kneipp-Bundes.
Ihr Konzept für das Haus war zunächst 3 teilig:
1. Im Erdgeschoß Angebiot von Vegetarischer gesundtheits-Diät
2. Im Ergeschoß ebenfalls Kneipp-Kurse und gesundheitliche Bewegungs-
Übungen
3. Auf der ersten Etage eine internationale Kinderpension für bedürftige
Kinder und eine internationale Begegnungstätte
Sie trat der damaligen bundes-republikanischen Friedensunion für eine
gewisse Zeit bei, und schaffte es in Leipzig, in diesem Sinne ein privates
Gespräch mit dem damaligen mächtigsten Politiker der Sowjetunion,
dem ersten Sekretär der KPDSU, Chruschtschow, in diesem Sinne zu haben.
Sie verehrte Mahatma Gandhi für seine Friedfertigkeit, und auch Albert Schweitzer
für sein selbstloses Engagement für die MenschenSie sah ihn als Wohltäter an,
den sie als "Meister der Gesundheit im 20. Jahrhundert" beschrieb.
1958 hatte sie die Gelegenheit, in der Redoute, im Rahmen des Godesberger Kneipp
Vereins, dem sie bevorstand, die Nichte von Albert Schweitzer zu begegnen, die mit
diesem in Lambarene, seinem Busch-Krankenhaus in Afrika, arbeitete.
Sie schrieb Schweitzer 1961, an der Adresse seines Krankenhauses in Lambarene,
Gabun, Afrika, um ihn zu fragen ob sie ihr Haus der Fürsorge und Gesundheit
"Albert-Schweitzer-Haus" nennen dürfe.
Er antworte, gerührt, und zeigte sich wohwollend zu ihrem Projekt.
Ein weiterer Brief von 1962 aus ihrer Korrespondenz mit Albert Schweitzer ist
erhalten, in dem er seine warmherzige Zustimmung für ihr Projekt und seine
Verbrüderung mit ihr als Gleichgesinnte noch einmal betonte.
Er starb 1965, 3 Jahre danach.
1967 erweiterte Frau Schubmehl, auf Anregung von Dr. Heinz Niedrig (ein Schüler des
erleuchteten indischen Arztes Dr Metha, der Freund und Berater des jungen Mahatma
Gandhis gewesen war), die Zielsetzungen des Albert-Schweitzer-Hauses.
Es wurde der Verein Albert-Schweitzer-Haus gegründet. Das Haus entwickelte sich
zunehmend zu einer Institution für Vorträge zu spirituellen, geistigen, religiösen,
esoterischen und (weiterhin) gesundheitlichen Themen, was es mittlerweile fast 60
Jahren lang geblieben ist.
Für die Fortsetzung der Geschichte siehe die Rubrik:
" Segen des Albert-Schweitzer-Haus"
https://www.ashbonn.de/index.php?id=2